Beitrag 1017

1. Phase: 1017

augeschieden

GÜNTUCH ERNST GENERALPLANUNGS GmbH, Berlin
Verfasser:in: Armand Grüntuch
Mitarbeiter:in: Nils Köpfer, emanuel Eder, Mathiaas WolfCarranza, Felix Schuschan, Gustav Grüntuch

henningsen Landschaftsarchitekten PartGmbB, Berlin
Verfasser:in: Jens Henningsen
Mitarbeiter:in: Lukas von Bedelschwingh

Vollbildgalerie (Link)

Erläuterungstext der Verfasser:innen

Ziel: Erhalten und Ergänzen 

Der Sportpark in seiner aktuellen Form bietet eine große Fülle an öffentlich nutzbaren Räumen, die für eine Vielzahl an Aktivitäten bereitsteht. Die Wichtigkeit dieser räumlichen Ressource sticht besonders in seiner sehr dichten Nachbarschaft Prenzlauer Berg hervor. Es gilt die vorgefundene Attraktivität zu bewahren, während die Nutzungsdichte drastisch erhöht wird, um den Erwartungen der verschiedenen Akteur*innen gerecht zu werden. Ziel ist es, den Bestand als Ressource zu nutzen, ihn weitestgehend zu erhalten, seine Qualitäten durch gezielte Eingriffe zu verbessern und zu einem inklusiven Sportpark zu transformieren, der die vielfältige Gesellschaft unserer Stadt widerspiegelt. Der FLJS hat enormes Potenzial, einen großen Mehrwert für die unmittelbare Nachbarschaft zu schaffen und darüber hinaus als Inklusionspark eine wichtige und dringend benötigte Funktion auf gesamtstädtischer Ebene zu erfüllen

Strategie: Weiterbauen 

Anstatt eines Abrisses und eines Neubaus ist der Umbau und die Erweiterung des bestehenden Stadiongebäudes und des Parks die weitaus nachhaltigere, ökologischere und kostengünstigere Lösung. Durch ressourcenschonendes Weiterbauen im Bestand lässt sich die im Gebäude verbaute graue Energie minimieren. Neu benötigte Sportfelder- und Flächen werden hinzugefügt, mit geringstmöglicher Neuversiegelung von Flächen. Die bestehenden, erhaltenswerten Elemente des Sportparks werden identifiziert und geschützt. Hierzu gehören die neuwertigen Sportanlagen von hoher Qualität, die intakten, langlebigen Gebäudestrukturen- und Tragwerke, die identitätsstiftende Elemente sowie die öffentlichen Räume für Erholung. Baumbestände und Biotopflächen sind unbedingt zu schützen und darüber hinaus gezielt zu erweitern. Durch eine bestandsnahe, additive Bearbeitung des Sportparks können die Flächen während des Umbaus in Nutzung bleiben. Der FLJS wird ein Ort für alle. Unterschiedlichste Bedürfnisse bezüglich Geschlecht, Alter, Einschränkungen und Fähigkeiten werden berücksichtigt. So werden Teilhabe und Selbstbestimmung ermöglicht, sowie Austausch und Begegnung gefördert.

Ökologie und Pflanzenauswahl 

Die Transformation des Sportparks muss nicht nur städtebaulich behutsam umgesetzt werden. Ökologische, klimatische, sowie mikroklimatische Funktionen des Sportparks sind durch Baumaßnahmen am schnellsten und stärksten betroffen. Die Entscheidung Abrissarbeiten und Neubauten im Sportpark auf ein Minimum zu reduzieren ist die einzige sinnvolle Strategie, um die bestehende Flora und Fauna zu schützen. Durch den Menschen wenig genutzte Grünflächen sollen erhalten werden und teilweise in geschützte Biotope umgewandelt werden. Bei der Auswahl der Neupflanzungen wird darauf geachtet klimaresiliente Baumarten sowie Strauch- und Wiesenflächen mit ökologischem Mehrwert für Insekten und Vögel zu pflanzen. Die Beachtung des Ansatzes des Animal-Aided-Design wird sowohl in der Freiraumplanung als auch in der Architektur berücksichtigt.

Parkstadion 

Innerstädtisch gelegen und hervorragend angebunden bettet sich das Stadion heute behutsam in die Parklandschaft ein. Jeder Eingriff entsteht aus einer funktionalen Notwendigkeit heraus und ist minimal invasiv und dadurch in hohem Maße nachhaltig, ökologisch und ökonomisch. Neben den beachtlichen Baumbeständen und Grünflächen besticht das Stadion durch den weiten Ausblick der Zuschauerränge in den Park, die große Nutzeroffenheit sowie den angenehmen Maßstab. Die Fluchtlichtmasten prägen gemeinsam mit dem Fernsehturm die Silhouette von Ost-Berlin und sind Erkennungszeichen des Sportparks sowie des Mauerparks. Das Stadion kann zu großen Teilen erhalten werden, da es möglich ist, es durch gezielte bauliche Additionen barrierefrei und inklusiv umzubauen und alle geforderten Funktionen sowie Anforderungen an Stadionsicherheit zu erfüllen.

Dach Die intakten Strukturen des Tribünengebäudedaches und des Bestandsdachs im Westen werden neu gedeckt und über ein neues Dach miteinander verbunden. Die neu entstandene Dachfigur vereint das Stadion zu einem geschlossenen Volumen. Der neue Teil des Daches wird begrünt und mit PV Modulen ausgestattet, Licht und Tonanlage sind am inneren Dachrand integriert. Die im Wall hinzugefügten Funktionsräume aus Beton fungieren als Fundament für das neue Stadiondach. Im addierten Dachteil wird die Einfachheit und Klarheit der DDR Konstruktion weiter geführt. Das neue Tragwerk setzt den konstruktiven Duktus des Bestands fort, um räumliche und konstruktive Komplikationen zu vermeiden, wird aber hinsichtlich Gestaltung, Materialität und Effizienz optimiert.

Tribünengebäude Um die Kubatur des historisch signifikanten Tribünengebäudes zu erhalten, wird das asbestbefreite Stahlskelett neu gedacht und programmiert. Eine neue Fassade wird an die Bestandsstruktur angebracht. Die spielfeldseitig an das Tribünengebäude angeschlossenen Sitzblöcke werden zurückgebaut und durch eine raumhaltige Tribüne ersetzt, welche auf Spielfeldebene barrierefreien Umkleidekabinen anbietet. Das Foyer im Erdgeschoss ersetzt die nicht barrierefreie und baufällige Bestandsrampe. Das Foyer wird ein neuer öffentlicher Ort der inklusiven Begegnung, der die Besucher*innen des gesamten Sportparks empfängt. Auf dem Foyer bietet eine Aussichtsterrasse, die an das Zirkulationsgeschoss auf 6.50 m angeschlossen ist, einen Ausblick über den Sportpark und einen Ankunftspunkt über die neue barrierefreie „Mossebrücke“ an. Auf diesem Geschoss lässt sich das gesamte Stadion umlaufend und stufenfrei erschließen. Die großzügige oberirdische Zirkulation auf dem oberen Rang bleibt erhalten.

Neue Sitzränge Barrierefreie Sitzplätze werden ergänzend zum oberen Stadionrang auf der Süd- und Nordtribüne inmitten der anderen Zuschauerplätze angeordnet. Diese Anpassung erfordert zusätzliche Sitzreihen, realisiert auf dem oberen Stadionrang. Das Stadion kann so insgesamt weiterhin 20.000 Besucher*innen empfangen. Die neuen Plätze steigen gleichmäßig unter der neuen Dachform zum Tribünengebäude von 20 auf 30 Sitzreihen an. Dahinter befindet sich eine Rampe, die eine weitere stufenfreie Zirkulationsebene hinzufügt.

Inklusive Erschließung Neben dem bestehenden Umlauf auf 6.50m und der Zirkulationsebene hinter den neuen Sitzreihen werden die bestehenden Zugangsrampen zum Stadion, die sich aus der Topographie des Walls ergeben, angepasst und erweitert. Fluchtweg, Feuerwehrzufahrt und baurechtliche Barrierefreiheit werden damit erfüllt. Die neuen barrierefreien Sitzreihen werden über vier Tunnel, die durch den Wall ins Stadion führen, erschlossen. Von der Hauptachse des Sportparks führt die Mossebrücke, von +0.0m auf eine Höhe von 6.50m und bringt die Zuschauer*innen auf die neue Zirkulationsebene im Tribünengebäude. Von hier aus lassen sich auch das Stadion und das Multisport Gebäude barrierefrei erreichen. Die Platzfläche vor dem Stadion wird als multifunktionale, berollbare Freifläche gänzlich neugestaltet. Baumgruppen mit Sitzmöglichkeiten, sowie die barrierefreie „Mossebrücke“ machen die Platzfläche auf unterschiedliche Weisen erlebbar und ermöglichen nicht nur während Großveranstaltungen einen Ort der Begegnung.

Sportpark 

Inklusive Sportplätze Die neu benötigten Sportfelder und Flächen werden so hinzugefügt, dass dabei so wenig Fläche wie möglich zusätzlich versiegelt wird. Die durch Anwohner*innen und den Freizeitsport stark genutzte Rasenfläche wird erhalten und durch ein Naturrasenfeld erweitert. Der Platanenhain am Eingang Cantianstraße wird mit Sitzmöglichkeiten aufgewertet und bekommt durch die angrenzende Gastronomie unterhalb der Tennisfelder eine neue Programmierung. Unterhalb der Tennisfelder sowie des neuen Kunstrasenfeldes befinden sich zudem weitere Umkleiden für den Park sowie barrierefreie Parkmöglichkeiten. Das Prinzip „Design for all“ wird durch die vollständig barrierefreien Ebenen im Sportpark umgesetzt. Alle Ebenen sind ohne technische Hilfsmittel erreichbar.

Multisport Gebäude Die ökologische, soziale, sowie klimatische Bedeutung des Parks ist besonders wegen des voranschreitenden Klimawandels, der Nachverdichtung der letzten Jahre und der touristischen Anziehungskraft der Gegend von hoher Bedeutung. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit neuer Baukörper für den Sportpark. Aus diesem Verständnis heraus ergibt sich die städtebauliche Setzung eines neuen Baukörpers an der Eberswalder Straße. An dieser Stelle entsteht keine zusätzliche Versiegelung und der Sportpark wird vor einer Überfrachtung durch neue Nutzungen geschützt. Das neue Sport- und Begegnungszentrum transformiert eine städtebauliche Restfläche in zentraler Lage, in der Auslobung dem Ideenwettbewerb zugeschrieben, in ein inklusives Zentrum für Sport und Freizeitnutzungen.
Im neuen Multisport Gebäude befinden sich das Inklusive Begegnungszentrum, Büroräume, Sporthallen, Tennishalle, Bewegungs-, Kurs- und Mehrzweckräume, Arzt-und Physiotherapiepraxis. Die Aktivitäten des Gebäudes sind an der Fassade abzulesen und ergeben eine anregende visuelle Einladung an alle Berliner*innen. Der Sportpark kommuniziert mit der Stadt. Das terrassierte Volumen bietet zusätzlich großzügige Außenräume mit visueller Verbindung zum Sportpark an. Hier befinden sich unter anderem Terrassen für Krafttraining und eine Dachterrasse für die Bürogemeinschaft. Auf sechs Geschossen sind die Büroräume diverser Institutionen untergebracht. Vom Arbeitsplatz blickt man auf die 4-Feld-Halle, in die Baumkronen oder auf die belebte Straße. Die Grünfläche zwischen der Tramwendeschleife und dem Stadion wird mit ihrem wertvollen Baumbestand größtenteils erhalten. So wie der Sportpark, ist dieses Multisport Gebäude ein Ort der inklusiven Begegnung. Es schafft Möglichkeiten zur Bewegung und zum Ausüben diverser Sportarten und ist für alle zugänglich. Tram und Tramschienen im Erdgeschoss werden überbaut. Im Untergeschoss entsteht eine zweigeschossige Tiefgarage zur Reduktion des Autoverkehrs im Sportpark auf ein Minimum. Das Gebäude bezieht sich städtebaulich auf die Gebäudetiefe der Nachbarbebauung, das Volumen bildet eine Adresse zum neuen Haupteingang des Sportparks und bietet durch seine Positionierung vor dem Stadion außerdem den Anwohner*innen Schutz vor Lärmemissionen.

Inklusive Wegführung Für die Freiraumplanung ist die Stärkung der öffentlich zugänglichen Durchwegung und die Qualifizierung der informell nutzbaren Freiflächen von zentraler Bedeutung. Die bestehenden Nord-Süd und Ost-West Achsen zur Erschließung des Sportparks werden durch eine Fortführung von Baumreihen klar betont und gerahmt. An der Topsstraße bildet sich eine neue Promenade, die von der Schönhauser Alle bis zum Mauerpark führt. Diese geht in eine neue Ost-West Verbindung über, welche die ehemals getrennten Stadtteile überwindet und neue Grünraumkorridore, sowie neue Zugangsmöglichkeiten zum Sportpark sowie zum Mauerpark schafft. Zwischen den Achsen bilden sich Zonen, die räumlich miteinander kommunizieren und den gesamten Park aktivieren. Im Außenbereich wird der Hobby- und Schulsport gestärkt und mit neuen barrierefreien Umkleide- und Sanitäranlagen versorgt.

 


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