Beitrag 1020
1. Phase: 1020
4a Architekten GmbH, Stuttgart
Verfasser:in: Matthias Burkart
Mitarbeiter:in: Mohamed Mansour Elzainy, Amro Hamead, Felix Paul Leon Turtur
nsp landschaftsarchitektur stadtplaner PartGmbB, Hannover
Verfasser:in: Christoph Schonhoff
Mitarbeiter:in: Marcus Hanke
Audio Erläuterung des Entwurfes
Vollbildgalerie (Link)
Erläuterungstext der Verfasser:innen
Leitidee und Entwurfskonzept
Der Jahnsportpark am Mauerpark Berlin Pankow beherbergt viele Sportvereine und – verbände,
ist Wettkampfzentrum und Freizeitzentrum für die Nachbarschaft. Insbesondere bietet der Jahnsportpark ein großes Angebot für den inklusiven Sport und soll zu einem wegweisenden inklusiven Sportpark und Stützpunkt für Behindertensport ausgebaut werden.
Der Jahnsportpark wird im Inneren neu geordnet, wobei die äußere Erschließung weiterhin von der Gaudystraße/Max-Schmeling-Halle im Norden, der Cantianstraße im Osten und im Süden über die Topsstraße stattfindet. Hier bündelt sich der Verkehr. Neben den Wegen für Fußgängerinnen, Radfahrerinnen und den bestehenden PKW Parkplätzen ist hier die Zufahrt für die Feuerwehr und die zukünftige neue Tiefgarage, wobei die Wege kreuzungsfrei ausgebildet sind.
Unter dem Vorplatz bietet die Tiefgarage Platz für 200-250 PKWs mit direkten Zugängen zu den einzelnen Gebäuden und auf den Vorplatz. Weitere ebenerdige Stellplätze sind den einzelnen Bereich direkt zugeordnet, ebenso eine ausreichende Anzahl an Fahrradstellplätzen.
Architektur
3 prägnante Identität stiftende Gebäude mit auskragenden Dächern bestimmen das Erscheinungsbild des gesamten Sportcampus, wobei das Große Stadion die Hauptattraktion darstellt. Das bestehende Stadion wird an gleicher Stelle durch ein modernes, funktionales, inklusionsgerechtes, attraktives Stadion ersetzt. Hierbei werden sowohl die bestehenden Wälle aus Trümmerschutt und die denkmalgeschützte Hinterlandmauer sowie 2 der antiken Beleuchtungsmasten als Reminiszenz erhalten. Die Tribünen sind wie gehabt als leichte Betonkonstruktion aus Recyclebeton ins Gelände eingepasst, der großzügige VIP- Bereich und die Medien- und Pressebereich werden wegen möglicher Blendung nach Westen verlegt, alle restlichen Funktionsbereiche wie die Foyers, Eingänge Heim und Gast, Werkstätten etc. liegen in 3 Geschossen im Osten zur zentralen Erschließungsachse.
Energie OPV Module
Die auskragenden ovalen Dächer der 3 Baukörper sind einerseits Zeichen für Sport und Spiel, andererseits sind sie mit OPV Modulen zur solaren Energiegewinnung vollflächig belegt und können so einen großen Anteil der Eigenstromerzeugung abdecken. Die OPV Module sind zwischen 2 Lagen Polycarbonat laminiert. Dem Nachteil einer geringeren solaren Ausbeute der organischen Solarzellen steht eine vollflächige Belegung, geringere Kosten, ein geringeres Gewicht der Module und somit eine Gewichtseinsparung von ca. 20% der Stahlkonstruktion gegenüber.
Tragwerk
Die Tribünen werden aus Recyclebeton bzw. Betonfertigteilen hergestellt, darüber spannt sich die Dachkonstruktion, bestehend aus Stahlstützen und einem Fachwerk aus Rechteckrohren mit Trägerhöhen von 50 – 300 cm und einem darüber liegenden Gitternetz aus Rundrohren 30 – 50 cm zur Aufnahme der OPV Module.
Sportpark
Der Sportpark mit seinem vielfältigen Angebot wird zum Raum der Begegnung aller Akteure/innen. Es entsteht eine grüne Oase der Erholung und des Sports. Durch die vorgeschlagenen landschaftsarchitektonischen Interventionen entsteht eine klar ablesbare und eigenständige Raumkomposition im neuen Jahnsportpark. Das Grundkonzept zielt im Wesentlichen auf Großzügigkeit und die Vereinigung von öffentlichem und vereinsgebundenem Aktivitäts- und Freiraumangebot. Gleichzeitig wird mittels der offenen und multifunktionalen Gestaltung ein kontrastreicher Akzent zu den angrenzenden Quartieren gesetzt.
Lediglich das Sportfunktionsgebäude bleibt erhalten, alle weiteren Gebäude werden entfernt und im Zuge der Neustrukturierung durch ein multifunktionales Sportgebäude für alle Indoorsportarten und ein Kommunikationszentrum mit Verwaltung an zentraler Stelle ersetzt.
Eine übergeordnete verbindende Gestaltung bis in die Details und Materialien sorgt für eine gelassene und heitere Atmosphäre. Die organische Formsprache erzeugt eine fließende Parklandschaft und bildet ein stimmiges Gesamtbild mit den hochbaulichen Strukturen. Die Wegeführung leitet die BesucherInnen wie selbstverständlich durch die einzelnen Teilräume und zu den Eingangsbereichen des Stadions, des Begegnungszentrums und der Sporthalle.
Die Entrées, der Stadionvorplatz und die weiterführenden Hauptwege werden gefasst von einem homogenen „Teppich“ aus Betonwerkstein in changierenden Grau- und Beigetönen. Das einheitliche Material fasst das weiträumige Areal zu einer gestalterischen Einheit zusammen und ermöglicht einen niederschwelligen Zugang in alle Bereiche. Um Erschließungskonflikte zu vermeiden werden die Umfahrung der Feuerwehr und die Stellflächen für Busse räumlich getrennt von den Aufenthaltsbereichen für die BesucherInnen.
In der Eingangszone des neunen Stadions werden die Vegetationsinseln durch eine sanft modellierte Topografie zu Liegewiesen ausgebildet. Die Modellierung führt zu einer lebendigen skulpturalen Wirkung die angemessen auf das das Stadiongebäude reagiert. Die Form und Ausrichtung der Inseln bilden einen „Grünen Puffer“ und leiten die Besucher in Richtung Eingänge. Durch das lichte Blätterdach entsteht eine besonders angenehme Aufenthaltssituation, insbesondere an warmen Tagen. Die klare Gestaltung der Entrées gibt den Blick auf die Neubauten frei und sorgt für gute Überschaubarkeit und Orientierung auf dem Areal. Das Wegenetz setzt die unterschiedlichen Teilräume in Beziehung zueinander und fördert den lebendigen Austausch der einzelnen Orte. Jeder Ort bietet eine spezifische Atmosphäre und ein reichhaltiges Angebot von Nutzungen und Begegnungen. Durch gezielte Aufweitungen der Wegestrukturen entstehen multicodierte Teilräume für besondere Events wie Musik- oder Theateraufführungen, Stadtteilfeste oder Märkte.
Charakteristisch für den künftigen Park ist die großzügige und nutzungsoffene Gemeinschaftswiese für Spiel und Freie Aneignung. Durch vielfältige naturnahe Aussaaten kann sich in Teilen der Wiese eine besondere Vegetationsstruktur entwickeln, die die Biodiversität des Parks weiterentwickelt. Zahlreiche Kleinstrukturen in der Bepflanzung bieten ebenfalls Behausungen und Brutmöglichkeiten. Der ortsbildprägende Baumbestand soll weitestgehend erhalten bleiben und wird in Teilen sensibel ergänzt um unterschiedliche Atmosphären wie Hain oder Lichtung generieren zu können. Der lokale Wasserhaushalt wird in ideeller Weise an den natürlichen Kreislaufsystemen orientiert. Regenwasser (von Dächern und nicht befahrenen Wegen) wird dementsprechend gesammelt und in den Grünflächen versickert. Durch die systematische Nutzung von Regenwasser im Freiraum wird eine Verbesserung des lokalen Mikroklimas erwartet. Landnutzungswandel und die Monotonisierung von Flächen haben einen Rückgang der Biodiversität zufolge, sodass den Städten künftig in punkto Artenvielfalt eine „Archefunktion“ zukommt. Die Durchgrünung der Freiräume und der Einsatz von Obstgehölzen leisten hierzu einen wertvollen stadtökologischen Beitrag.
Der Loop führt als Struktur- und Identitätsgebendes Merkmal durch das gesamte Areal. Durch die eigenständige Haptik, Färbung und dem „eigenwilligen“ Verlauf wird der Loop ein zentrales Element im Park. In unterschiedlichen Breiten aus rötlich eingefärbtem Asphalt, teilweise Hauptwegen folgend, verläuft der Loop auf 2 km durch den Park. Er wölbt sich an einigen Stellen auf, macht sich breit, lässt Räume entstehen, an denen sich unterschiedliche Nutzungen spielerisch ergeben. Er verbindet die unterschiedlichen Parksequenzen und zieht Aufmerksamkeit auf sich.
Durch den vorgeschlagenen Entwurf entsteht im Kontext der hochbaulichen Strukturen ein „Park für Alle“. Der Zusammenschluss von Städtebau, Landschaftsarchitektur und Architektur bildet eine Einheit und erzeugt Synergieeffekte, welche den Ansprüchen einer heterogenen Nutzergruppe gerecht werden und zur Aufwertung des gesamten Areals, und darüber hinaus beitragen.