Beitrag 1021

1. Phase: 1021

Kim Nalleweg Architekten PartGmbB, Berlin
Verfasser:in: Kyung-Ae Kim, Max Nalleweg
Mitarbeiter:in: Tiziano Aramburo, Simon Bohnet, Tornike Kublashvili, Toja Prigge, Lukas Schlüter

Studio RW Landschaftsarchitektur, Berlin
Verfasser:in: Heiko Ruddigkeit, Stefan Wiebersinsky
Mitarbeiter:in: Andreas Arauz, Adi Cohen, Eric Neuhaus, Tim Stawitzke

Audio Erläuterung des Entwurfes

 

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Erläuterungstext der Verfasser:innen

Im Rahmen der Weiterentwicklung des Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks zu einem Inklusionssportpark soll sein grundlegender Charakter beibehalten werden. Es stehen sowohl Veränderungen der Bausubstanz als auch des gesamten Geländes bevor, um alle Anforderungen an das Gebiet zusammenführen zu können. Der neue Inklusionssportpark vereint unterschiedliche Qualitäten von Sportflächen, Aufenthaltsbereichen und naturnah gestalteten Vegetationsflächen zu einem ökologisch vielfältigen und öffentlichen Parkensemble. Das neue Flächenlayout verortet alle gewünschten Sportflächen ebenerdig und barrierefrei und bietet zusätzlich großzügige Grün- und Freiflächen für ein niedrigschwelliges Sport- und Erholungsangebot. Neugestaltete, gut sichtbare Eingangssituationen öffnen den Park nach außen und verankern ihn mit dem umliegenden, öffentlichen Freiraumsystem. Die PKW-Sammelstellplätze sind an den Eingängen angeordnet und ermöglichen den autofreien Sportpark. Zu Fuß und Rad werden die Besuchenden von den Eingängen über naturnah gestaltete Vegetationsbänder in den Park geleitet.

Das Stadion integriert sich in dieses Freiraumsystem. Ein als Scheibe schwebendes, filigranes Dach markiert die Sportstätte am bestehenden Hochpunkt des Parks, während sich die Tribünen ist die vorhandene Topografie einfügen.

Es wird über mehrere Zugänge erschlossen: Im Südwesten erreichen die Fans der Auswärtsmannschaften ihre Ränge, während die zwei Eingänge im Osten für die Heimmannschaften fungieren.

Der Stadionbau lehnt sich an den Höhenverlauf des vorhandenen, erhöhten Mauerstreifen an: Im Westen ist der bestehende Erdwall höher als im Osten; dieser Logik folgen sowohl die Ränge als auch der dadurch barrierefrei zugängliche Erschließungsring und schlussendlich auch das Dach, welches sich folglich nach Osten hin nach unten neigt. Um eine einwandfreie Barrierefreiheit zu gewährleisten, zur Stärkung der Qualität aller anliegenden Freiräume und um gleichzeitig die gewünschte Zuschauendenzahl erreichen zu können, wurde das Stadion für die Durcharbeitung dieser Phase in den Boden gesenkt – es besteht jedoch in der weiteren Ausarbeitung die Möglichkeit, die Senkung zu minimieren und mit dem Aushub für das dann weniger abgesenkte Spielfeld die Bestandstopografie an den Seiten zu verstärken, mit entsprechenden Nachteilen für die Zugänglichkeit mit ebenerdigem Zugang von Osten und die offene Außenwirkung zum Sport- und Mauerpark hin. Durch eine leichte Drehung entsteht im Herzen des Parks bzw. im Nordosten des Stadions ein zentraler Freiraum, zudem wird zusätzliche Freiraumqualität an der Schnittstelle zwischen Sport-und Mauerpark im Westen des Stadions erreicht. Auf diese Weise wird das neue Stadion zum Vermittler zwischen den beiden Parks.

Die Erschließung des Stadions erfolgt über einen aus Rampen bestehenden, der Topografie folgenden, geneigten Ring. Damit es für alle Zuschauenden möglich ist, in allen Bereichen der umlaufenden Tribüne Platz nehmen wird eine Steigung von 4% nicht überschritten.

Das Stadion ist konstruktiv zweigeteilt: ein massiver Sockelbau wird ergänzt durch eine filigrane Stahlkonstruktion, die sich über den Unterbau legt. Durch ein System aus aufgesetzten Überzügen und feinen Verstrebungen werden große Spannweiten ermöglicht und der offene Charakter des Stadions unterstrichen. Der massive Unterbau integriert, dem Vorbild antiker Stadien folgend, die Funktionsanforderungen und die Tribünen in das bestehende Gelände. Im Falle der weiteren Bearbeitung würde auch Holz als Baustoff für das Stadiondach geprüft werden. Ein Sportgebäude zu großen Teilen in Holzbau könnte ein nachhaltiges Leuchtturmprojekt für Berlin sein.

Um weiterhin genügend funktional unbestimmte Flächen gewährleisten zu können werden mehrere Angebote in einem Sportzentrum kondensiert. Dadurch kann nebenan eine grüne Mitte geschaffen werden, die Dreh- und Angelpunkt des überarbeiteten Geländes wird und auf zwei Wiesenflächen und Vorplätzen mit Sitzgelegenheiten einen Begegnungsort schafft. Das Sportzentrum öffnet sich mit einem Eingang und Foyer zu den sportlichen Funktionen zur Stadt nach Süden und bietet im Norden ein Begegnungszentrum mit verschiedenen Funktionen, die das grüne Herz im Freiraum durch überdachte Räume ergänzen.

Das anfallende Regenwasser aller Gebäude wird im Sinne der Klimaanpassung als existenzielle Ressource angesehen. Es wird über begrünte Dachflächen, Mulden und Rigolen retardiert und im Überlaufprinzip in Zisternen zur Grauwasserversorgung der Gebäude und zur Bewässerung der Grün- und Sportanlagen genutzt. Durch Substrat-Filterrinnen wird auch das Niederschlagswasser von Stellplatzanlagen nutzbar.

Die Lichtmasten bleiben als identitätsstiftende Elemente erhalten und werden mit Solarpaneelen bestückt. Das kleine Stadion bleibt ebenfalls erhalten. Die Bausubstanz des bestehenden Stadions ist essentieller Bestandteil der Gestaltung der im Park verteilten Follies, in denen sich die bunten Sitze in den neuen Spielfeldtribünen und die gebrauchten Fassadenpaneele an den kleinen Funktionsbauten wiederfinden.

Als „grüne Oase“ des Sports, der aktiven Erholung, der Nachhaltigkeit und des Stadtklimas wird im Inklusionssportpark ein Großteil der Bestandsgehölze erhalten und durch stadtklimafeste Arten ergänzt. Die Eingangsplätze im Norden, Osten und Süden werden farblich mit einer Kombination aus Amberbaum (Liquidambar styraciflua ‘Worplesdon’) und Feldahorn (Acer campestre ‘Elsrijk’) mit ihrer purpurn und leuchtend gelben Herbstfärbung sowie ähnlicher Blatttextur akzentuiert. Die zentralen Plätze rund um die Eingänge des Stadions und der Funktionsbauten werden mit kleineren, oft schirmförmigen Gehölzen wie Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) und Baum-Felsenbirne (Amelanchier arborea ‘Robin Hill’) ausgestaltet. Die Vegetationsbänder werden einheitlich durch lineare Pflanzung mit Eschen (Fraxinus excelsior ‘Geessink’) in Wildblumenwiesen bepflanzt, die östliche Platanenallee wird hier durch standortgerechtere Gehölze sukzessive ersetzt. Die zentralen Grünflächen werden durch unterschiedliche Parkbäume wie die Zerreiche (Quercus cerris), die Silberline (tilia tomentosa `Brabant`) und die Resista Ulme (Ulmus rebella) raumbildend bepflanzt, um einen Parkraum für informelle Sportarten wie Ultimate Frisbee zu gestalten.

 


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