Die städtebauliche Struktur des Jahnsportparks zeichnet sich bei der Arbeit 2006 durch eine ausgewogene Gliederung der ungedeckten wie auch gedeckten Sportflächen aus. Positiv hervorzuheben ist die angehobene Fläche des Kunstrasenfeldes 4 mit Beachanlage, unter denen sich die 3 und 4-Feldhalle befinden, an der Cantianstraße mit Mehrzweckräumen als Auftakt und Abschluss der gesamten Sportanlage. Diese Mehrzweckhalle muss erschließungstechnisch noch untersucht werden.
Das auch zentral gelegene Begegnungszentrum mit öffentlicher Dachterrasse und die Tennishalle mit einem öffentlichen Spielfeld mit Rampenerschließung zur informellen Nutzung sind in diesem Kontext richtig platziert.
Der vorgesehene Quartiersplatz (Sportwiese) in Verlängerung des Platanenhains entspricht wahrscheinlich nicht ausreichend den Anwohner:innenbedürfnissen nach einer gewissen Abgeschiedenheit, kann aber als flexible zentrale Fläche vielseitig genutzt werden. Das Stadion ist in die vorhandene Hügellandschaft so hervorragend eingebettet, dass die Max-Schmeling-Halle kompositorisch weitergedacht wurde und durch die hier angeordneten Rampen das Thema Inklusion und „design for all“ allgemein ja fast schon symbolisch sichtbar gemacht wird.
Alle haben die gleichen Zugänge zum Stadion sowie zum Jahnsportpark. Eine ausreichende Kennzeichnung, welche Rampen zu welchen Zugängen führen, sollte beachtet werden. Auch die Lage der Zufahrt der Busse im rückwärtigen Bereich überschneidet sich nicht mit den Zuschauerströmen aus Richtung Osten. Der fehlende Platz für die Feuerwehrumfahrt mit mindestens 3 m scheint planbar zu sein.
Die Barrierefreiheit innerhalb des Stadions ist in den abgesenkten Tribünenanlagen im Vergleich zu anderen Lösungen nur über Treppen und Aufzüge möglich. Rollstuhlfahrer:innen haben nur den Zugang zum oberen Rang des Stadions.
Hervorzuheben ist die Planung einer Einrangtribüne zur atmosphärischen Kesselwirkung unter anderem beim Fußball. Eine Besonderheit dieses Entwurfes liegt in der Anordnung des VIP- und Sportler:innenbereiches auf der Westseite des Stadions, wodurch die Gegensonne des Abendlichtes vermieden wird. Ansonsten sind alle Räume hervorragend funktional gegliedert, wie z. B. die Verteilung der Kioske und WC-Anlagen dezentral auf den Umgängen.
Die einladende rautenförmige Dachkonstruktion unterstreicht die Geste der Zugänglichkeit, spiegelt die rautenartige Anordnung der Rampen den Hügel wider und müsste ggf. im Hinblick auf Statik überarbeitet werden.
Positiv bewertet wurde auch die in den Regenbogenfarben gestaltete Tribünenbestuhlung.
Der Lärmschutz wurde durch eine umlaufende, die Offenheit wiederspiegelnde Verglasung berücksichtigt.
Der Aushub der Stadionuntergeschosse auf der Westseite wird nachhaltig sinnvoll zur Ergänzung des Walls zur Ostseite verwendet. Die Baukosten bewegen sich im Vergleich zu den anderen Arbeiten auf einem niedrigen Niveau.
Bei aller positiv zu bewertenden rundherum dargestellten Offenheit der Zugänge des Stadions ist ein Blick auf die notwendige Zugangskontrolle zu richten. Auch sollten die Entwurfsverfasser:innen bei weiterer Planung den bestehenden Baumbestand zumindest ausgleichen.
2. Phase: 2006 – Anerkennung
HUPE FLATAU Partner, Hamburg
Verfasser:in: Tim Hupe
Mitarbeiter:in:
Landschaftsarchitektur Rainer Ernst mit POLA Landschaftsarchitekten GmbH, Frankfurt a. M.
Verfasser:in: Rainer Ernst, Jörg Michel
Mitarbeiter:in: Joachim Hochmuth, Sara Perovic, Mette Claerman
Tragwerk: WETZEL & VONSEHT, Hamburg
TGA: Kulle + Hofstetter TGA Consulting Ingenieure, München
Vollbildgalerie (Link)
Audio zur Beschreibung des Entwurfes
Erläuterungstext der Verfasser:innen
„Ein offenes und barrierefreies Stadion für alle unter einem leichten, schwebenden Holzdach“
Nutzungs- und Gestaltungskonzept
Kessel und Landschaft
Wie bei jedem Multifunktionsstadion – so gilt es auch hier in Berlin – die teilweise divergierenden Interessen des Fußball- und des Leichtathletikbetriebes miteinander in Einklang zu bringen.
In einem Fußballspiel folgen 22 Spieler und 20.000 Zuschauer 2x 45 Minuten konzentriert dem Ball und den unmittelbaren Geschehen um ihn herum. Eine sehr konzentrierte fast introvertierte Situation in der die „Außenwelt“ nahezu ausgeblendet wird. Lediglich die Bilder der Fernsehkameras berichten vom Geschehen im „Kessel“. Ein Leichtathletikstadion ist die Bühne einer vollkommen anderen Inszenierung und Choreografie. Sportliche Ereignisse in einem Leichtathletikstadion sind oft nur von sehr kurzer Dauer, wie z.B. ein 100m-Lauf.
Während der Wettkämpfe gibt es für die Zuschauer immer wieder Gelegenheiten den Blick in die Umgebung schweifen zu lassen oder sogar Ihre Sitze zu verlassen, um sich im oder auch außerhalb des Stadions zu bewegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich auf dem Gelände andere Sportstätten befinden, an denen zeitgleich weitere Wettkämpfe stattfinden. Ein herausragendes Beispiel für diese Art von „Sportlandschaft“ ist sicher das von Günter Behnisch entworfene Münchner Stadion für die olympischen Spiele von 1972.
Stadion und Sportpark
„Der Mensch ist dem Menschen das interessanteste …“ (J.W. Goethe)
Das neue Stadion wird integrativer Teil der Sportlandschaft im Jahn Sport Park. Das leichte Dach und der offene Umgang sorgen für einen fließenden Übergang zwischen Stadion und den umgebenden Räumen des Sportparks der Inklusion. Eingebettet in die Topografie präsentiert sich das Stadion als Teil der vorhandenen Landschaftstopografie des Mauerparks. Der Stadionwall wird mit einer Blumenwiesen- und Kräutersaatgutmischung angesät und ausschließlich extensiv bewirtschaftet bzw. beweidet. Ein System aus barrierefreien Rampen wird von Bankelementen begleitet, die sich in die Modellierung einfügen und einen individuellen, sich stetig verändernden perspektiven Blick über den gesamten Sportpark ermöglichen. Die Erschließungsflächen werden somit zum Aufenthalts- und Treffpunkt für alle Sportparkbenutzer. Der begrünte Wall ist so Bühne und Tribüne zugleich. Hier erleben sich die Fans und Zuschauer des Stadions als Gemeinschaft, wie in den Foyers großer Theater und Opernhäuser – wie z.B. in der Garnier Oper in Paris – ist er der Ort des Sehens und Gesehen-Werdens. Der Wall ist so nicht mehr Rückseite des Stadioninneren, sondern eine zusätzliche Vorderseite des Sportparks. Dieser Idee folgend schlagen wir vor, die Sporthalle nach Osten an die Cantianstraße zu schieben damit sich der Sportpark zwischen Stadion und Halle aufspannt und von beiden Gebäuden überblickt werden kann. Die Lage am östlichen Rand des Sportparks ermöglicht so auch eine vom Sportpark unabhängige Erschließung der Sporthalle direkt von der Cantianstraße aus. Das Begegnungszentrum in Kombination mit der Tennishalle spielen sich so im Zentrum des Sportparks weiter frei.
Orientierung und Position des neuen Stadions
Das einschlägige Regelwerk für jede Art von Stadion macht für die Ausrichtung Vorgaben, die durch den Lauf der Sonne bestimmt sind. Grundlage ist, dass statistisch gesehen, die Spiele vor allem am Nachmittag und in den Abendstunden stattfinden und die Sonne am südwestlichen bis westlichen Himmel steht. Die Haupttribünen mit ihren besonderen Sitzen für VIP’s, Funktionäre und der Presse, vor allem aber auch den Spielerbänken und den Fernsehkameras, muss diese Nachmittagssonne im Rücken haben um das sportliche Geschehen bestmöglich verfolgen zu können. Die Ausrichtung des heutigen Stadions trifft den theoretischen Idealwinkel dieser Ausrichtung nicht ganz liegt jedoch sehr nah dran. Wesentlich ist jedoch, dass die Haupttribüne auf der Westseite liegen muss. Auch muss mit Bedauern konstatiert werden, dass die vorhandene Osttribüne mit ihrer Geschichte der DDR-Moderne, ihrer einprägsamen Form und hohem Identifikationspotential einer nachhaltigen und barrierefreien Entwicklung von Stadion und Park im Weg stehen würde.
Um die Flächen in der kompakten Organisation des Sportparks bestmöglich zu nutzen und der Geometrie des Gesamtanlage gerecht zu werden, liegt das neue Stadion – mit möglichst geringen Abweichungen – am exakt gleichen Ort wie das bestehende Stadion.
Nicht zuletzt werden auf diese Weise auch die Anpassungen der Topografie, der Eingriff in den vorhandenen Baumbestand und die damit verbundenen Kosten und energieaufwendigen Erdverschiebungen auf ein Minimum begrenzt. Dabei sind die Funktionen wie Feuerwehrumfahrt und Aufstellflächen für das neue Stadion wie auch für die Max-Schmeling-Halle, der TV-Compound im Nordwesten des Stadions und die im Programm für das Stadion erforderlichen Büros gut organisierbar.
Erschließung und Organisation
Der vorhandene Typ eines sogenannten Wallstadions erscheint vor den Hintergrund der Zuschauerzahlen von 20.000 sinnvoll. Auf der Krone dieses Walls liegt ein geräumiger Umgang. Alle Zuschauer gelangen von diesem Umgang – also von oben – auf die Tribüne. Auf den Umgang führt zum einen die bereits heute vorhandene Topografie mit Ihrem höchsten Punkt im Westen und Norden. Dieses wird ergänzt durch ein System von Rampen welche den barrierefreien Zugang aber auch Fluchtweg für alle Zuschauergruppen in alle 4 Sektoren gewährleistet. So wird dem Gebot der Inklusion im neuen Stadion ideal und auf einfache Weise Rechnung getragen.
Die Haupttribüne liegt aus den zuvor beschriebenen Gründen nun im Westen. Eine umlaufende Stadionumfahrt für die Feuerwehr aber auch für die Mannschaftsbusse sowie Fahrzeugen von berechtigten Personen führt vor die Vorfahrt der Haupttribüne. Der Abstand zwischen Haupttribüne und der historischen Hinterlandmauer beträgt dabei 17 m. Um für Spieler, Presse und VIP nicht auf eine komplette Umfahrung des Stadions angewiesen zu sein, ist zwischen dem TV- Compound und den Büros eine Wendemöglichkeit vorgesehen. Während die Logen auf der Höhe des umlaufenden Walls liegen, sind die weiteren Funktionen der Haupttribüne – der VIP-, Spieler- und Pressebereich – in das Gelände eingeschnitten und liegen auf zwei Ebenen verteilt und somit klassischerweise unterhalb der Haupttribüne. Die Bereiche werden von der Stadionumfahrt über Treppen und Aufzügen erschlossen. Der Spieler- und Pressebereich hat direkten Zugang zum Spielfeld bzw. auf die Pressetribüne. Der darüber liegende VIP-Bereich erhält eine Terrasse mit Blick über das Stadion. Darüber liegen die Logen mit jeweils vorgelagerten Sitzplätzen. Der Aushub für die Herstellung der zwei Geschosse unter der Haupttribünen wird verwendet, um den Wall auf der Ostseite des neuen Stadions zu ergänzen.
Auf der Ostseite wird der vorhandene Tribünenbau abgebrochen und als weiteres Füllmaterial für den Wall verwendet. Von der Ostseite gelangt man über zwei Stadionzufahrten zu dessen Bewirtschaftung auf das Infield. Der wesentliche Teil der Lager- und Technikflächen wird direkt über diese beiden Zufahrten erschlossen. Polizei- und Sanitätsbereich liegen im Südosten unmittelbar in der Nähe des Hauptzugang des Jahnsport Parks und haben über einen Aufzug eine direkte Anbindung zur Leitzentrale des Stadions auf der Südostseite des Umgangs. An den beiden Zufahrten sind in den „Katakomben“ Stellplätzen für Fahrzeuge der Polizei und des Rettungsdienstes vorgesehen.
Auf dem Umgang sind neben ausreichen Bewegungsfläche für alle Zuschauer Kioske zur Versorgung, WC‘s aber auch Sanitäts- und Versorgungsstützpunkte angeordnet. Dies sind sektorenweise organisiert. Um die Fläche des Umgangs nicht unnötig aufzublähen sind die WC‘s für den überwiegenden die Zuschauer unter den Kiosken angeordnet und über kurze Treppen erreichbar.
Inklusion und Barrierefreiheit
Wie der gesamte Sportpark so ist auch das neue Stadion durchgehend barrierefrei geplant. Zentrales Element ist dabei das System aus rollstuhlgerechten Rampen, die von allen Seiten auf den Wall des Stadions und damit in alle Sektoren des durchlaufenden Umgangs führen. Unmittelbar auf dem Niveau dieses Umgangs sind in allen SektorenPlätze für Rollstuhlnutzer so ausgebildet, dass optimale Sicht auf das Infield besteht, auch wenn die Zuschauer in den Reihen vor diesen Sitzplätzen aufstehen und die Hände in die Höhe recken (wie z.B. bei einem Tor im Falle eines Fußballspieles). Die WC’s für mobilitätseingeschränkte Zuschauer sind gut auffindbar direkt in Tribünennähe auf dem Umgang angeordnet.
Die Haupttribüne im Westen wird ebenfalls barrierefrei von der Stadionumfahrt aus erreicht. Auf diesem Niveau sind alle Logen barrierefrei erreichbar. Die Darunter liegenden Geschosse der VIP’s, Spieler und Medienbereiche sind über Aufzüge angebunden. Von diesen Beiden Ebenen wird die Haupttribüne bzw. das Spielfeld barrierefrei erreicht. Ergänzend können Sportler, Offizielle, Einsatzkräfte etc. über beide Stadionzufahrten im Osten direkt vom Stadionvorplatz barrierefrei auf das Infield gelangen.
Dach und Baukonstruktion
Von einem Ring zentraler Wandscheiben, die am hinteren Rand der Tribüne tiefgegründet sind, spannen zwei Teile des Daches, wie die Flügel eines Vogels gleichermaßen über die Tribüne und den Umgang. Die Druckzone der Kragkonstruktion wird als gewölbtes Flächentragwerk aus diagonalverlegten Brettschichtholzbinder als eine Gitterschale ausgebildet. Die diagonale Verlegeart dieses Rostes sorgt für eine gute Horizontalsteifigkeit der Konstruktion. Darüber verbinden horizontale Zugglieder die Spitzen der beiden Flügel. Nach Überarbeitung des Tragwerkes aus der 1. Runde sind nun alle Tragglieder des Daches aus Holz. Um der Konstruktion ausreichende Festigkeit für die verschiedenen Lastfälle zu verleihen – insbesondere Winddruck und Windsog – sind die Obergurte fachwerkartig gegen die hölzerne Gitterschale ausgesteift. Insgesamt wird so eine materialoptimiertes, filigrane und sehr elegantes Holztragwerk geschaffen.
Um eine abschnittsweise Umsetzung des Stadions zu ermöglichen, kann das Dachtragwerk in beliebigen Abschnitten erstellt werden. Das gesamte Dachtragwerk aus Holz wird im Werk vorgefertigt. Bauzeiten bzw. Aufrichtzeiten auf der Baustelle verringern sich dadurch signifikant. Der Spiel-, Trainings- und Wettbewerbsbetrieb wird dadurch so wenig wie möglich behindert
Das Dach über der Tribüne ist mit einer weißen, transluzenten PTFE-Membran bespannt, die Tageslicht durch das darunterliegende Holztragwerk auf die darunterliegende Tribüne fallen lässt.
Der vordere Rand des Daches über der Tribüne wird transparent in ETFE-Membran eingedeckt, um den Übergang zwischen Sonne und dem Schatten, welcher das Dach auf das Infield wirft, weicher zu gestallten. Dieses verbessert die Sichtbedingungen für Zuschauer, Spieler und vor allem für die Fernsehkameras zusätzlich. Hingegen liegt über dem Umgang eine Dachfläche, welche auf einer Trapezblechdeckung ein Gründach mit Photovoltaikelementen ausbildet. Dieser Aufbau schafft neben seinen klimatischen Vorzügen das statische „Gegengewicht“ zur größeren Auskragung über der Tribüne.
Der Vorteil des offenen Holzrostes auf der Unterseite der beiden Dachteile ist unter anderem, das weite Teile der erforderlichen Technik wie Beleuchtung und Beschallung im Zwischenraum von Holzrost und Dachdeckung angeordnet werden können, sodass eine weitestgehend ruhige und geschlossen wirkenden Deckenuntersicht aus Holzbinder entsteht, während gleichzeitig das Tageslicht von oben durch die Folie und den Holzrost fällt und die Tribüne erhellt, ohne dabei zu blenden.
Am Tiefpunkt des Daches – über den Auflagern – liegt ein umlaufender Catwalk begleitet von Medientrassen für Starkstrom, Schwachstrom, Dachentwässerung sowie die Versorgung der Kioske. Vom Catwalk aus können alle Segmente des Foliendaches und natürlich das Gründach und die Photovoltaik anlagen direkt erreicht werden.
Die Flutlichtanlage wird über eine Steiger vom Infield aus gewartet. Um die Blendung von Spieler, Athleten, Zuschauern aber auch Fernsehkameras zu verhindern muss die Flutlichtanlage zwangläufig in einer gewissen Höhe über dem Spielfeld angeordnet werden. Die Höhe des Daches liegt bei einem Stadion für 20.000 Zuschauer deutlich unter dieser erforderlichen Höhe. Die Überdachung aller Zuschauerplätze hat zur Folge, dass das Licht freistehender Flutlichtmasten wie im heutigen Stadion harte Schatten im Infield und auf dem Spielfeld wirft, welche die Sichtbedingungen erheblich beeinträchtigen.
Unser Entwurf sieht daher einen Ring kurzer Masten am vorderen Rand des Tribünendaches vor, wie dies z.B. bei Stadion Letzigrund in Zürich ausgeführt wurde.
Zwei der vorhandenen Flutlichtmasten werden auf der Westseite des Stadions mit neuer Lichttechnik versehen und erstrahlen nun selbst als aus der Ferne wirkende Zeichen des Sportparks, sind jedoch nicht mehr Teil der Flutlichtanlage des Stadions. Um allen Zuschauern den Blick auf die LED – Anzeigen zu ermöglichen sind im Stadion 6 Tafeln verteilt. Die Erdberührenden Bauteile des Stadions sowohl der West- und der Osttribüne wie auch die Kioske sind in Massivbauweise erstellt.
Die Tribünen sind in Betonfertigteilen vorgesehen (Drillinge), die im überwiegenden Teil direkt auf den Wall gebettet werden. Dort wo sich Nutzräume unter der Tribüne befinden, werden die Fertigteile auf Zahnbalken aufgelegt.
Wo möglich, werden selbst die weniger stark belasteten Bauteile der Gründung – einer konsequenten Elementierung der Tribünen-Bauteile folgend – als Fertigteil ausgebildet. Ein hoher Vorfertigungsgrad des Stahlbetonbaus, ergänzt durch notwendige Ortbetonergänzungen in den hoch belasteten Bereichen, sichert den reibungslosen Rohbaufortschritt.
Entfluchtung und Brandschutz
Grundlagen der vorliegenden Planung ist die Muster-Versammlungsstättenverordnung. Sitzreihen, Blöcke, Aufgänge, Treppen- und Rampenbreiten sowie die Bewegungsflächen auf dem Umgang sind dem entsprechend dimensioniert. Wie auch für die Barrierefreiheit ist das System von Rampen auf der Süd-, Ost- und Nordseite des Stadions ein wichtiger Bestandteil für die Entfluchtung in Kombination mit der Stadionumfahrt. Die Stadionumfahrt ist so ausgelegt, dass sie für flüchtende Zuschauer und die Feuerwehr gleichermaßen auskömmliche Bewegungsflächen gewährleistet.
Die Stabquerschnitte des hölzernen Daches sind so gewählt, dass in einem Brandfall immer ausreichende Resttragfähigkeit sichergestellt ist. Die PTFE/ ETFE – Deckung des Daches weicht von den Vorgaben Muster-Versammlungsstättenverordnung ab. Sie bedarf daher – wie bei vielen deutschen Stadien – einer Zustimmung im Einzelfall.
Ansätze für ein nachhaltiges Energiekonzept
Bei Fußball- und Multifunktionsstadien wird von den Betreibern immer wieder der Begriff „green stadion“ kolportiert, der dem Betrachter dafür einnehmen soll, dass nicht nur beim Bau, sondern auch mit dem Blick auf den zukünftigen Betrieb der Sportstätte ökologische Ansätze besonders berücksichtigt wurden. Heute sind Zuschauer wie Mitbürger unter den aktuellen Umständen umso mehr sensibilisiert und auch deutlich interessierter tiefer hinter „die Kulissen“ zu schauen und werbliche Begriffe kritisch zu hinterfragen.
Daher haben wir verschiedene Alternativen für das Energiekonzept. Diese Aufgabenstellung haben wir dabei für uns so präzisiert, dass wir Erwartungen wie CO2 Neutralität, ökologischen Primärenergieeinsatz, Anlagentechnik mit geringen Energieverbrauch und Herstellungskosten in der Nachhaltigkeit betrachten, diese insbesondere zu den örtlichen Gegebenheiten spiegeln und berücksichtigen, dass sich die Jahresnutzungstage der Sportstätte in einem überschaubaren Zeitfenster einstellen werden.
Im Umweltatlas Berlin kann entnommen werden, dass der Umgriff des Jahnsportpark für alle im Erschließungsgebiet für Fernwärme liegt. Hieraus ist weiterhin zu entnehmen, dass je nach Standort vom Versorger unterschiedliche Primärenergien (Kohle, Öl, Gas) für die Wärmeerzeugung eingesetzt werden. Im Bereich des Stadions setzt der Versorger Steinkohle als Primärenergieträger ein. Unter dem Augenmerk der kritischen Hinterfragung durch Zuschauer und Mitbürger kann aus unserer Wahrnehmung – trotz des Aspekts der Abwärmenutzung aus der Stromerzeugung des Versorgers – derEinsatz von Steinkohle als Primärenergieträger aktuell und auch mit dem Blick in die Zukunft nicht mehr vermittelt werden.
Über die Internetseite der Stadt Berlin kann das „Geothermische Potential über die spezifische Entzugsleistung bis 100 m“ über die Erstellung von Erdsonden beurteilt und bewertet werden. Die Nutzung dieser natürlichen Energieversorgung, z.B. in Verbindung mit Wärmepumpen, liefert einen sehr ökologischen Ansatz, wobei für die Antriebsleistung der Wärmepumpen weiterhin elektrische Energie aufgewendet werden muss. Trotz der guten Leistungszahl dieser Anlagentechnik ist Strom erforderlich, der – wenn dieser nicht eigenerzeugt werden kann – wiederum vom Versorger, über Primärenergie aus Kohle, Öl oder Gas bereitgestellt werden muss. Auch wenn deutschlandweit heute gemittelt bereits ca. 50% des Gesamtstrombedarfs über erneuerbare Energien eingespeist werden, kann – wegen des nach wie vor großen Anteils an Primärenergie aus Kohle, Öl und Gas – einem kritischen Betrachter eine derartige Konstellation der Energieversorgungsanlage aus unserer Sicht nicht mehr vermittelt werden. Weiterhin können die Investitionskosten für die Erstellung der Erdsonden im Verhältnis zu den Jahresnutzungstagen der Sportstätte für die Sportstätte nicht nachhaltig begründet werden.
Mit dem Blick voraus und der Möglichkeit der Eigenstromversorgung durch Photovoltaik, sind die Erdsonden jedoch für den weiteren Ausbau des Areals mit dem Begegnungszentrum und der Sporthalle erste Wahl.
Unter dem Vorgenannten wurde daher bei dem Entwurf des Stadions und dem Energiekonzept besonderes Augenmerk darauf gerichtet, über eine Photovoltaikanlage, die sich harmonisch in die Architektur integriert, die erforderliche Fläche für die Photovoltaik so zu projektieren, dass sich der elektrische Energiebedarf der Sportstätte aus der über die Photovoltaik erzeugten Energie vollständig deckt.
Im Ergebnis werden über das konzeptionierte Energiekonzept alle erforderlichen Energien für Wärme, Kälte und Strom über den im Jahnsportpark für alle eigenerzeugten Strom über Photovoltaik gedeckt.
Regenwassermanagement
Der Umgang mit dem im Sportpark anfallenden Regenwasser folgt den Prinzipien der Schwammstadt („Sponge City“). Essenziell ist dabei – entlang der mit schattenspendenden Großbäumen versehenen Haupterschließungsflächen – die Ausweisung großzügig bepflanzter Grünflächen als Retentions- und Versickerungsflächen im Sinne der Urban Wetlands. Gleiches gilt auch für die zentral gelegenen Multifunktionsrasenfläche, welche als eine 30 cm abgesengte Mulde geformt wird und dadurch eine zusätzliche oberirdische Rückstauebene bei Starkregenereignissen bildet. Durch vorbenannte Maßnahmen wird das Regenwasser oberflächlich im Gelände gehalten. Es entsteht Verdunstungskühle und eine Verbesserung des Mikroklimas. Unterhalb der befestigten Flächen werden Rigolen und Zisternen als unterirdischen Rückstauebenen zur verzögerten Versickerung bzw. Speicherung von Regenwasser für die intensive Bewässerung der Grün- und Sportflächen, eingebaut.
In Bereichen von Baumneupflanzungen (Baumgruppen) werden unterirdischen Baumrigolen (flächige Schotterkörper zzgl. notwendiger Sedimentationsanlagen) eingebaut, um anfallendes Wasser bei Starkregenereignissen hierhin abzuleiten, zwischenzuspeichern und für die Bäume nutzbar zu machen. Alle teilversiegelten Kunstrasenplätze erhalten Retentionsboxen als unterirdische Rückstauebene zur verzögerten Abgabe in das Grundwasser. Durch eine extensive Dachbegrünung in der Ausformung von Retentionsdächern auf den Funktionsbauten kann zusätzlich Regenwasser zwischengespeichert und zur Verdunstung gebracht werden. Dies stärkt die Bedeutung des Jahnsportparks – im Zusammenspiel von Mauerpark und dem weiterführenden nördlichen Grünzug – als wichtige Kaltluftschneise inmitten der stark bebauten und verdichteten Stadtbezirke Wedding und Prenzlauer Berg.
Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Der wohl wichtigste Aspekt im Hinblick auf Wirtschaftlichkeit und Ressourcenschonung in der Herstellung des vorliegenden Entwurfes, liegt darin die Topografie des bestehenden Stadions und seine Umgebung so wenig wie möglich zu verändern. So werden Erdbewegung minimiert und (teilweise kontaminiertes) Aushubmaterial muss nicht abgefahren und deponiert werden. Die bestehenden Tribünenbauten werden vor Ort geschreddert und wieder in den neuen Wall des Stadions eingebaut. Ziel der weiteren Planung wird es sein die neue Topografie so zu justieren, dass die Volumenbilanz alt / neu ausgeglichen ist.
Bei der Energieversorgung setzt der Stadionneubau weitestgehend – wie zu vor beschrieben – auf den Einsatz von erneuerbaren Energien. Dabei werden die Systeme für Heizen, Kühlen und die Beleuchtung sorgfältig auf die größtenteils nur temporäre Nutzung der Räume ausgelegt. So können im späteren Betrieb die Verbräuche durch die unterschiedlichen Nutzergruppen minimiert werden.
Inzwischen wird aber immer deutlicher wie eng die beiden Aspekte Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit beim Bauen miteinander verwoben sind. Erst recht, wenn man den Lebenszyklus von 50 Jahren und die entsprechende Energie und Betriebskosten genau betrachtet. Insbesondere zum Thema Nachhaltigkeit ist es daher bei einem Bauvorhaben dieser Größe aus unserer Sicht unabdingbar ein ausreichend kompetentes Fachbüro, wie z.B. das Büro Werner Sobek, einzuschalten um tatsächlich valide Ergebnisse zum Verhältnis LCC – CO2 – Investitionskosten zu berechnen.
Die in den letzten Jahren gemachen Betrachtungen zur Nachhaltigkeit und deren Zertifizierungen erscheinen uns nicht ausreichend.
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